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Gott schaut auf solche, die sich an Jesus festmachen

Predigt über Apostelgeschichte 1, 3 - 11
Pfarrer Gerhard Kelber

Himmelfahrt Jesu Christi 20. 5. 2004

Auferstehungskirche Schweinfurt

Jesus sagt: Wenn ich erhöht werde, dann werde ich sie alle zu mir ziehen.
(Wochenspruch Joh. 12.32. - Apostelgeschichte 1, 3 – 11)
Jesus zeigte sich seinen Jüngern nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt; denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er aber sprach zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit noch Stunde zu wissen, die der Vater seiner Macht bestimmt hat, aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien bis an das Ende der Erde. Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel auf genommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.

Liebe Gemeinde am Tag der Himmelfahrt des Herrn,

Himmelfahrtstag ist ein besonderer Tag. Alle Welt feiert da irgendetwas, sei es nun Vatertag, seien es Tage des hektischen Kurzurlaubsgenusses, oder vielleicht auch nur, dass man einmal die Arme und Beine von sich strecken und nichts tun kann. Das sind Feste wie man sie eben feiert, wie sie kommen und gehen.

Aber für die Christenheit ist es ein besonderer Tag. Sie feiert nämlich an diesen Tag, dass Jesus der Größte ist. Sie feiert, dass Jesus der König aller Könige und Herr aller Herren ist und dass keiner ist wie er. Sie feiert Himmelfahrt nicht alle Jahre wieder, sondern alle Jahre neu und alle Jahre tiefer und fester. Ich verstehe nicht recht, was manche Christen immer wieder dazu veranlaßt, zu meinen, es wäre doch eigentlich überholt, dass man sich das so vorstellt wie der kleine Moritz, dass Jesus da auf einer Wolke zum Himmel fährt. Man müßte sich dafür eigentlich schämen, dass die Bibel das so kindlich berichtet, wie wir es vorhin gehört haben.

Ich bin begeistert davon, dass die Bibel nicht so kleinkariert von Jesus redet, wie es solche Leute tun. Ich bin begeistert, dass die Bibel von Jesus in den allergrößten Dimensionen redet:Jesus Christus herrscht als König, alles ist ihm untertänig, alles legt ihm Gott zu Fuß. Wenn wir nur wüßten, wie wahr das ist, was wir da singen! Die Christenheit hat einen Herrn, über den sie sich wirklich von Herzen freuen kann, auf den sie auch stolz sein kann. Denn Jesus ist wahrhaftig der Größte, der Beste, und der liebevollste Herr, den es gibt. Aber es gibt jemanden, der hat ein Interesse daran, dass Christen das nicht checken.

Jesus hat die ganze Zeit seines kurzen Erdenwirkens damit verbracht, gegen die Mächte aufzustehen, die die Menschen gefangen und gefesselt halten. Dass Jesus heilt, ist Teil einer grandiosen Widerstandsbewegung gegen die Mächte, die hinter den Krankheiten stehen. Dass Jesus Dämonen austreibt, ist ein ganz massiver Angriff auf die Festungen Satans. Dass Jesus den Jüngern die Füße wäscht, ihnen damit seine demütige Liebe zeigt und ihnen ausdrücklich sagt, sie sollten dieselbe Liebe den Menschen erzeigen, die er ihnen gibt, ist der fürchterlichste Angriff, den der Teufel je erlebt hat. Denn alles kann er vertragen, nur nicht, dass die Menschen sich lieben und einander dienen. Dass Jesus das Reich Gottes verkündigt, und dass der Ruf "Jesus ist Herr" durch die Jahrhunderte schallt, hat dem Teufel mehr Schaden zugefügt als alle wohlmeinenden Bemühungen von guten Menschen zusammen. Jesus ist einer, der unsichtbar mit dem Triumphwagen durch die Welt fährt. Die Christenheit hat sich mit dieser Seite ihrer Botschaft nie leicht getan, sie hat aus verschiedenen Motiven, etwa aus Harmlosigkeit, aus Harmoniebedürfnis und auch aus einer falsch verstandenen Solidarität mit der Welt heraus diesen Zug in Jesus immer wieder schamhaft verschwiegen.

Aber der Himmelfahrtstag ist ein Tag des Bekenntnisses. An diesem Tag entscheidet es sich, ob die Christenheit ihren Jesus wirklich kennt und ernst nimmt. Der Feind weiß schon, warum er die Christen am Himmelfahrtstag so verlegen sein lässt. An diesen Tag hat er Angst davor, die Christen könnten damit ernst machen, was die Bibel von Jesus sagt: Dass Jesus wirklich eingesetzt ist zur Rechten des Vaters, dass Jesus regiert, dass er der Größte ist.

Wenn ein paar harmlose Leute an diesem Tag schüchtern vor sich hin singen, dann regt ihn das nicht auf. Aber wenn die Christenheit an diesem Tag Jesus als den Herrn preist und ihm die Ehre gibt, dann rüttelt sie damit den den Festungen Satans.

I. (Bekenntnis und Lobpreis)

Himmelfahrtstag ist ein Tag des Bekenntnisses. Bekenntnis hat viele Seiten. Die erste ist der Lobpreis. Der Lobpreis der Christenheit ist ein Handeln von enormen Ausmaßen. In der Welt Gottes wird dieser Lobpreis hundertfach verstärkt, alle Engel singen mit und triumphieren mit uns. Die ganze Christenheit auf Erden triumphiert mit uns und freut sich, dass Jesus, ihr Herr, zur Rechten des Vaters sitzt und dort regiert und dass er, wie vor einigen Wochen ausgeführt, unsichtbar im Triumphwagen durch diese Welt fährt. Meine Frau und ich haben heute früh im Rundfunk ein Himmelfahrts-Kantate von Bach gehört. Was ist da für ein Jubel, eine Freude über den erhöhten Herrn zu spüren! Die Christenheit aller Jahrhunderte freut sich, dass alle Mächte entwaffnet und entthront sind, und wenn sie heute darin einstimmt, versetzt sie mit jedem Lobpreis der Herrlichkeit Christi diesen Mächten wiederum einen Stoß und macht sie mit jedem Mal kleiner.

Ein Beispiel: In Hongkong gab es bis vor einigen Jahren ein Verbrecherviertel, die berüchtigte "Ummauerte Stadt". In diesem Viertel blühte Gewalt, Bandenwesen, Prostitution und es wimmelte von Opiumhöhlen. Fast jeder Bewohner dieses Viertel war rauschgiftsüchtig. Alle Missionsgesellschaften machten einen Bogen um dieses dunkle Viertel.

Aber Gott wusste einen Rat. Er sandte eine junge Engländerin, Jackie Pullinger, in dieses Viertel. Sie mietete dort einen kleinen Raum. Was geschah in diesem Raum? In diesem Raum wurde Gott gelobt und es wurde für die Rauschgiftsüchtigen gebetet. Es wurden Menschen frei von der Sucht, sie wurden motiviert, für andere zu beten. So entstand eine Lawine des Lobpreises, der Liebe zueinander und des Gebetes füreinander. Heute ist die ummauerte Stadt abgerissen, aber Hunderte und Tausende von Menschen sind durch den Dienst von Jackie Pullinger frei geworden.

Man bedenke: Eine junge Frau, die von keiner Missionsgesellschaft angestellt worden war, mit der Begründung: "zu jung und zu wenig qualifiziert", die aber dem Ruf Gottes gehorsam war und die die unbegrenzte Macht Gottes kannte, sie brachte den Durchbruch. Sie kannte Gott - weil sie ihn liebte und lobte. Sie kannte die Macht des Lobpreises und des Gebetes - und sie vermochte mehr als alle klugen Psychologen, Ärzte und Richter. Sie kannte nur Jesus, liebte und lobte ihn - und so löste sie eine Lawine des Guten aus.

Ihr Lieben, das ist unser Geschäft am Himmelfahrtstag. Diesen Herrn zu preisen und seine Macht und Gewalt zu rühmen. Dieses so laut zu tun, dass es auch die Mächte hören, die sich aufgemacht haben, unsere Stadt und unser Land gefangen zu halten, ist unser Vorrecht an diesem Tag.

II. (Mächte werden entthront)

Damit bin ich beim Zweiten. Die Mächte werden an diesem Tag entthront. Ich äußere eine Vermutung und ich fürchte, ich täusche mich nicht.

Ich habe heute früh die Nachrichten gehört. Es war die übliche gewaltgetränkte Nachrichtenflut. Und was löste das bei mir aus? Ärger, Trauer, Zorn über die Gewalttäter, und vor allem - Entmutigung!

Ich habe mir die Frage nicht erspart, was das mit mir macht. Aber ich konnte dabei nicht stehen bleiben. Ich musste weiter. Jesus ist doch nicht zum Himmel gefahren, damit wir in der Entmutigung drin bleiben! Und Jesus sitzt doch nicht zur rechten Hand Gottes, damit wir als Trauerklöße durch die Gegend wanken! Sollen wir am Himmelfahrtstag so reden so wie es die meisten in Schweinfurt tun würden: "Da kannst nix mach'"? Die ganze Mutlosigkeit, die auf unserer unterfränkischen Gegend liegt und die sich in solchen Sätzen ausdrückt, kommt nicht von Gott. Ich danke, dass jedes Mal, wenn einer solche Sätze sagt wie "Da kannst nix mach´", irgendein Dämönchen zum Fenster hereinschaut und in die Hände klatscht und ruft: "Jaaaa! Nur weiter so! Dann habe ich euch bald alle dort, wo ich euch haben will!"

Gott ist auf der Suche nach solchen, die angesichts dieser Mächte nicht sagen: Da kann man nichts machen. Gott ist auf der Suche nach Menschen, die im Gebet vor ihm liegen und ihm diese Stadt und diese Gegend bringen, und wenn es sein muß, mit Tränen des Mitleides, mit Tränen der Buße für die Sünden dieser Stadt. Und Gott ist auf der Suche nach solchen, die in Gebetskämpfen diesen Feinden widerstehen und sie hinauswerfen aus dieser Stadt. Gottes Augen sind auf diese Leute gerichtet. Ihre Tränen sieht Gott an, ihren Lobpreis hört er und handelt dementsprechend und diesen Lobpreis haßt der Teufel. Denn das kann er nicht hören.

Ich deute dieses Gebiet nur an. Es ist nicht für eine breitere Öffentlichkeit bestimmt, aber der Gebetsdienst in dieser Sache ist ein sehr wichtiger Dienst. Ich freue mich, dass dieser Dienst in unserer Gemeinde bewußter und konsequenter getan wird als bisher, dass unsere Jugend Gebetsnächte veranstaltet. Denn Gott wartet auf Leute, die das Bekenntnis zu Jesus als dem erhöhten Herrn nicht nur als liturgischen Bestandteil im Gottesdienst behandeln, sondern die das offensiv im Gebetskampf tun.

III. (Jesus zieht uns zu sich)

Ich habe vom Dienst des Lobpreises und des Zurückdrängens der Mächte gesprochen. Ich komme nun zum Dritten, eigentlich zum Wichtigsten. Unser Wochenspruch sagt: Wenn ich erhöht werden, will ich sie alle zu mir ziehen.

Jesus ist zum Himmel gefahren, um uns zu sich zu ziehen. Was an Himmelfahrt mit Jesus geschieht, ist gewaltig. Und diejenigen, die darin nur ein Spektakel sehen, das man wie ein Fernsehstück konsumieren oder auch nicht konsumieren kann, das man wohlwollend oder bissig kommentieren kann, das man anschalten oder abschalten kann, die haben leider gar nichts begriffen. An Himmelfahrt geschieht gewiss mit Jesus etwas, aber es geschieht mit Jesus aus keinem anderen Grund als dass es auch mit uns geschieht. Und das hat power! Gott will uns an diesem Tag zu Leuten machen, die mit Jesus alles teilen. Alles, wohlgemerkt, Alles!

Ich denke, dass einige von uns langsam gelernt haben, dass Jesus sie beschenken will, und zwar mehr und reicher, als sie denken. Jesus will mit den Seinen alles teilen. Dass er seine Barmherzigkeit und Liebe mit uns teilen will, das geht vielen noch ein. Aber das ist noch nicht alles. Jesus teilt nicht nur seine Liebe und Barmherzigkeit an seine Jünger aus, Jesus teilt auch seine Herrlichkeit und Macht an seine Jünger aus. Und das geht vielen schwer ein. Sie zucken zurück und sagen: Was, ich? Ich kleiner Mensch? Ich soll so große Sachen bekommen?

Wenn wir Christen nur wüßten, wer wir sind in Christus Jesus! O dass wir doch erkennten, wie groß uns Gott gemacht hat! Welche Würde er uns damit gegeben hat, dass wir mit Christus verbunden sind! Welche Macht er in unsere Hände gelegt hat, wie er auf unsere Gebete wartet, um dann auf unsere Gebete hin etwas zu tun.

Die Kirche Jesu Christi ist die Seele der Welt. Wenn sich Christen lieben, dann schlägt da das Herz der Welt. Wenn Christen den einfachen Dienst Jesu tun, dass sie sich liebevoll anderen zuwenden und sich ihrer Nöte annehmen, dann ist das nicht nur ein bedeutungsloses Geschehen am Rande eines Meeres von Gewalt und Unrecht, nein, dann ist das das Herz aller Dinge. Dann atmet die Welt auf, denn es geschieht das, was im Herzen Gottes ist.

Wenn Christen ihren Herrn als den Herrn der Welt bekennen, dann ducken sich die Weltherrscher und zucken zusammen, dann kriegen die Geister der Angst und der Traurigkeit das große Zittern. Denn Gott kommt zu seinem Volk. Gott tut das, was längst sein Plan ist, nämlich die Menschen zu befreien zu dem vollen wahren Leben und die Menschen schon hier auf dieser Erde zu Himmelsbürgern zu machen, zu Menschen Gottes, die erhobenen Hauptes zu ihm aufsehen, die Hoffnung haben für dieses Land, für diese Stadt, und für Europa.

IV. (Wer wir sind in Christus)

Ich komme zum letzten und wichtigsten Gedanken. Christen haben eine hohe Würde. Sie haben sie aber nicht von sich aus. Sie haben sie auch nicht als unveräußerlichen Besitz. Nicht einmal die Taufe ist eine Garantie, dass sie sie haben. Unsere Täuflinge haben weiße Kleider an, solange sie getauft werden. Keiner kann sagen, ob sie sie nicht später einmal gegen die schmutzigen Kleider der Sünde eintauschen...

Christen haben ihre Würde im Glauben. Und Glaube ist nichts anderes als das Festmachen an diesem Jesus. Kein Christ kann von sich sagen: Ich bin lebendig geworden von mir aus. Er kann nur sagen: Ich bin mit Jesus gestorben - in der Buße. Und er kann nur sagen: Ich bin mit Jesus auferstanden - indem ich mich an ihm festmache. Und er kann nur sagen: Ich bin durch Jesus und mit Jesus in die himmlische Welt versetzt worden - durch den Glauben.

Gott schaut auf solche, die sich an Jesus festmachen, und zwar nicht nur momentan, sondern auf Dauer.

Die Christen sind die Seele der Welt, aber nur, insofern sie sich an Jesus ganz und gar festmachen. Kürzlich waren 10000 Menschen in Stuttgart versammelt, weil sie klarmachen wollten: Wir sind miteinander für Europa, und Europa kann nicht existieren, ohne dass ihm Menschen eine Seele geben. Und das sollen wir Christen tun. So bald sie das mit Blick auf sich selber tun und hochmütig werden, ist alles verloren. Dann wird ihre Würde zur Farce, ihr Erbe verschleudert und der Glaube zu einem Kreisen um die eigene Frömmigkeit. Aber wenn sie es in Demut und Gehorsam gegen ihren Herrn tun, der selber erhöht ist und der sie alle zu sich ziehen möchte, ist alles gewonnen.

Ich wünsche mir, dass sich heute viele entschließen, diesen Weg mit Jesus zu gehen und sich bedingungslos an ihm festzumachen.

Gott segne uns dazu an diesem Himmelfahrtstag.

Amen.


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